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Thomas Zetzmann, Eva Ebner

 

Ich bin, Gott sei Dank, beim Film!

2003, DV, Farbe und s/w, 91 Min.

Regie, Buch, Co-Kamera, Schnitt: Lothar Lambert. Kamera, Co-Schnitt: Albert Kittler. Produktion: LOLA-Film-Produktion in Zusammenarbeit mit ZDF/3sat (Redaktion: Inge Classen).

Dokumentarfilm über Eva Ebner, ferner mit Lothar Lambert, Michael Sittner, Nilgün Taifun, Paul Gutama Soegijo und seiner Banjar Gruppe Berlin, Erika Rabau, Daniela Ziemann, Ralf Grawe, Heiko Behrens, Maureen Jeram, An Hoffmann, Thomas Zetzmann sowie Christine Heinze und Christiane Nalezinski mit einem Ausschnitt aus „Brigittes Welt“ (Pianist: Klaus Nalezinski, Choreographie: Carola Wetzel).

 

Kurzinhalt 

Portrait von Eva Ebner (1922-2006), die an mehreren hundert deutschen Filmen beteiligt war: Zunächst vor allem als Script-Girl und Regieassistentin, ab 1990 dann ausschließlich als Darstellerin in Nebenrollen und als Edelkomparsin.

 

Inhalt (ENTHÄLT SPOILER)

 

Lothar Lambert erinnert sich (2010)

Eva Ebner war befreundet mit der 3sat-Redakteurin Inge Classen. Es gab ganz viele kürzere Filme über Eva, da hab ich gefragt: Meinste nicht, ich könnt mal was Längeres über dich machen? Ich habe mich dann mit Frau Classen getroffen, und offenbar genug Kompetenz vermittelt. Das Konzept des Films, die Herangehensweise, habe ich weitgehend offen gelassen und nur mit einem Exposé den Auftrag gekriegt.

Wir wollten eigentlich Ausschnitte aus anderen Filmen bringen, in denen Eva mit­gespielt hatte. Aber ich habe gemerkt, daß sie bei diesen Sachen, die sie mir zeigte, nicht unbedingt herausragend war. Ich wollte natürlich nicht unbedingt Geld bezahlen für Ausschnitte, in denen sie nicht gut rüberkommt. Und da wir sowieso parallel „Aus dem Tagebuch eines Sex-Moppels“ drehten, habe ich gesagt: Am besten dokumentieren wir unsere eigenen Dreharbeiten mit dir. Das hat ja auch ganz gut funktioniert. Die Pseudo-Edgar-Wallace-Dreharbeiten, die wir dann noch am Schloß Glienicke gemacht haben – wir sind da hingegangen, weil dort wirklich Szenen von Edgar-Wallace-Filmen gedreht worden waren –, entsprangen sozusagen meinem Lustprinzip. Weil ich auch meinen Spaß haben wollte. Und weil mein Eindruck war, diese Frau ist womöglich zu ernst und kontrolliert, die trägt keinen typischen Lambert-Film. Auch wenn alle immer behaupteten: Sie ist ja so eine großartige Sympathieträgerin. Ich dachte, ich muß etwas tun, um sie von ihrer Gutmenschfassade zu befreien, Impulse geben, auf die sie reagieren muß. „Es gibt fünfzig Filme über mich!“ hat sie mir erklärt. Da überlegte ich: Warum mache ich den einundfünfzigsten?

Eva Ebners etwas sperrigen Charakter merkt man an der Szene, in der sie mit mir heftig schimpft – dieser Streit war gleich am ersten Drehtag. Irgend etwas fehlte oder war nicht vorbereitet. Da zog sie ein Gesicht. Das war nicht so, wie sie’s als Regieassistentin gewöhnt war. Bei meinen bisherigen Filmen hatte sie alles toll gefunden, was ich gemacht hatte. Aber als es plötzlich um sie ging, konnte ich ihr gar nichts recht machen. Sie war plötzlich wie ausgewechselt. Ich wollte sie immer ein bißchen in Interaktion zeigen, aber sie sperrte sich gegen alles, wo andere Leute auftauchten. An dem Tag, an dem wir in der Kleinen Nachtrevue drehen wollten, bin ich morgens aufgewacht und konnte kaum etwas sehen, so einen Grauschleier hatte ich vor den Augen. Ich dachte, ich hätte einen Schlaganfall, bin schnell zur Augenärztin. Als ich dann mittags zum Drehen kam, war’s zum Glück wieder weg. Das war mir noch nie passiert. Da hatte mich Eva innerlich so aus dem Gleichgewicht gebracht, daß ich fast „blind“ geworden bin.

Es gab ja nie so einen Punkt, wo ich gesagt hätte: Jetzt hab ich genug, wir brechen ab. Sondern es war immer eine unterschwellig schwelende Geschichte. Ich hätte auch ohne den Auftrag vom Fernsehen etwas mit Eva machen wollen. Ich fand sie ja interessant. Wen sie alles kannte, mit wem sie als Regieassistentin zu tun gehabt hatte, fand ich spannend. Daß sie sich im Alter noch mal als Schauspielerin erfunden hatte, nachdem das mit der Regieassistenz vorbei war – ganz toll. Sie hat mir sehr imponiert in vieler Beziehung. Auch daß sie mit einem Mann zusammen­gelebt hat, der war sehr viel jünger war als sie. Wie sie toleriert hat, daß er eine Freundin hatte und nicht eifersüchtig schien. Sie konnte sehr herzlich sein und hilfsbereit. Aber ich hatte immer das Gefühl, sie ist eine durch die Nazizeit geschädigte Frau, die grundsätzlich mißtrauisch und ein Menschenfeind ist. Und die sich selbst sagt: So ein Mensch will ich nicht sein. Und sich ganz bewußt diese zweite freundliche, tolerante Persönlichkeit zulegt. Aber in Streßsituationen habe ich eben gemerkt, daß immer diese negative und verletzte Person hervorkam. Für mich war es natürlich unangenehm, das einerseits zu spüren, es andererseits aber ignorieren zu müssen, um nicht Konflikte noch mehr anzuheizen. Für mich war es wirklich die schwerste Beziehung, die ich je zu einer Darstellerin hatte.

Vielleicht war Evas Grundproblem auch, daß sie immer so eine Zuträgerfunktion hatte, aber nie eine wirkliche Machtposition. Und vielleicht nie die Möglichkeit, mal eine eigene Vision verwirklichen zu können, obwohl sie wahrscheinlich das Potential dazu gehabt hätte. Sie hat ja auch gemalt oder Collagen gemacht – die eine, die sie mir in diesem Film schenkt, haben wir gleich in „Aus dem Tagebuch eines Sex-Moppels“ verwendet, mit ein paar neuen Gummibären, die Michael Sittner rausbricht und aufißt. Ich denke schon, daß das eine Art Lebenstragödie ist, wenn du immer in der zweiten Reihe stehst. Aber Eva tat immer so, als wenn sie die Entscheidungshoheit hätte. Gerade weil sie in ihrer Jugend null Entscheidungsmöglichkeit über ihr Leben hatte, sondern andere das brutal bestimmt haben. Vielleicht habe ich das Negative unbewußt rausgekitzelt: Ich hatte Eva vorher gesagt, daß ich nicht will, daß sie ihre alten Geschichten wiederkäut, die ich schon aus anderen Filmen kannte. Daß ich sie aufbrechen wollte. Mein Film sollte keine Heiligsprechung werden. Es war vielleicht unklug, das anzukündigen. Aber immerhin hat sie mir gleich am ersten Tag den Gefallen getan, unwirsch herumzuschimpfen. Ich hatte erst gedacht, sie macht das mir zuliebe, weil ich gesagt hatte, ich brauch ein bißchen Streitstoff. Aber nee, sie war wirklich stinksauer! Vielleicht hat sie sich durch meine Ankündigung erlaubt, ihren Haß mal rauszulassen. Sie hat gleich am ersten Tag die Zähne gezeigt und konnte dann besser mit mir umgehen. Am Steuer ihres Autos sagt sie doch einmal: „Es hat nach dem Krieg Jahre gedauert, bis ich wieder Menschen vertrauen konnte.“ Da saß nur Albert Kittler hinten im Wagen, geduckt. Ich hatte generell dafür gesorgt, daß ich oft nicht beim Dreh dabei war, sondern Albert sie befragte, damit sie ein bißchen lockerer wurde. Bei der Dampferfahrt mit Erika Rabau wollte ich mich mit ins Bild setzen, während ich die beiden interviewte. Das ist doch ganz normal, daß der Interviewer auch mal zu sehen ist. „Das kommt nicht in Frage, daß du schon wieder im Bild bist! Das wird ja ein Film über dich und nicht über mich!“ keifte Eva. Ich bin dann in die andere Ecke und habe Albert oder Michael sie interviewen lassen. Es ergab sich allerdings auch nichts zwischen den beiden alten Danzigerinnen mit schwerer Jugend. Erika war sowieso voller Ablehnung gegen Eva – das sieht man ja in „Made in Moabit“, wo sie ihr auftrumpfend vormacht, wie man Telephonsex spielt. Erika hat Eva als Konkurrenz empfunden. Da haben die Gemeinsamkeiten in Herkunft, Alter und Schicksal nichts geholfen – im Gegenteil.

Die 3sat-Redakteurin Inge Classen fand den Film grundsätzlich gut, nur mit über neunzig Minuten etwas zu lang. Und sie mochte diese eine Szene am Anfang nicht, wo ich Eva ein bißchen aufziehe, daß sie mit berühmten Leuten wie Anita Ekberg und Peter Alexander gedreht hätte. Ich war so frustriert, daß ich gleich zehn Minuten weggekürzt habe. Beim zweiten Sehen hat die Frau Classen dann gesagt: Hätte doch nicht soviel sein müssen. Aber sie war sehr zufrieden, daß der Film von der Berlinale angenommen wurde. Wo ich dann Ärger gekriegt habe mit dem Panorama-Chef Wieland Speck, weil ich nicht zur Premiere zum Verbeugen gekommen bin. Aber das war auch, weil ich Eva aus dem Weg gehen wollte.

Mir gegenüber hat Eva nichts gesagt, doch bei anderen hat sie sich mokiert, wie schrecklich dieser Film sei. Sie hat aber keine Änderungen verlangt. Sie war natürlich gebremst in ihrer Wut, weil die Redakteurin ihn angenommen hatte. Die hatte mir ja den Auftrag gerade gegeben, weil sie etwas anderes wollte als die bisherigen Eva-Ebner-Portraits. Und dann kam noch die Berlinale-Teilnahme. Insofern war Eva vorsichtig, mir gegenüber, auch weil sie weiter bei mir spielen wollte. Sie hatte mir erzählt, daß sie mitmachen sollte bei Rosa von Praunheims „Unsere Leichen leben noch“, alles war schon geregelt, und dann hat Lotti Huber sie rausgedrängt. Das habe ich dann eingebaut in „Verdammt in alle Eitelkeit“, wo der Regisseur zu ihr sagt: „Ich sehe Sie als neue Lotti Huber.“ Und sie antwortet: „Den Vergleich verbitte ich mir!“ Andere Auftritte bei Praunheim sind gescheitert, auch als Lotti Huber tot war. Eva war limitiert in ihren schauspielerischen Möglichkeiten. Um so erstaunlicher ist, daß sie so gut rüberkommt als Mutter in „Aus dem Tagebuch eines Sex-Moppels“. Das ist natürlich auch dieser Atmosphäre geschuldet, die ich immer zu schaffen versuche: Viel lachen, alles nicht so ernst nehmen. Aber im entscheidenden Moment dann doch konzentriert sein. So daß die Leute das Gefühl haben: Och, wenn’s nichts wird, ist’s ja nur ’n Lambert-Film. Dadurch sind die Darsteller nicht so verkrampft und wirken echter.

 

Kritische Anmerkungen