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Evelyn Sommerhoff 

 

Alle meine Stehaufmädchen –
Von Frauen, die sich was trauen

2009, DV, Farbe, 82 Min.

Regie, Buch, Schnitt: Lothar Lambert. Kamera, Co-Schnitt: Albert Kittler. Postproduktion: FMT Studio. Produktion: Lothar Lambert mit Sange-Film.

Dokumentarfilm über Marion Antoniadis, Anne-Marie Chatelier, Ilona Fath, Claudia Jakobshagen, Isolde Josipovici, Hilka Neuhof, Erika Rabau, Karin Reum-Lahrem, Sylvia Schmid, Irene Schweitzer, Evelyn Sommerhoff. Ferner mit Arnfried Binhold, Alexander K., Jens Richter, Konrad Tidow.

 

Kurzinhalt

Portraits elf Berliner Frauen jenseits der vierzig. Dabei werden ihre Berichte über ihre Erlebnisse und Erfahrungen, ihr gegenwärtiges Leben und ihre Erwartungen an die Zukunft ineinander verschränkt. Miteinander bekannt sind die Frauen nur vereinzelt, der gemeinsame Nenner ist: Sie kommen aus dem Lebens- und Arbeitsumfeld von Lothar Lambert, sie haben manches durch- und mitgemacht und sich einiges getraut.

 

Inhalt (ENTHÄLT SPOILER)

Vorspruch: „Wenn Sie wissen wollen, was ein Weib wirklich meint, so sehen Sie es an, aber hören Sie ihm nicht zu. – Oscar Wilde“ Sylvia Schmid geht mit ihrem Hund in ihr Kabarettlokal „Kleine Nachtrevue“. Auf der Bühne probt sie eine Gesangsnummer mit Claudia Jakobshagen. Titel. Ein Spiegel, an dem Masken hängen und ein Zettel: „Tu was – Du kannst es!“ Evelyn Sommerhoff wird von Lothar Lambert aus dem Off aufgefordert, ihr Schweigen zu brechen und „loszulegen“, nämlich mit dem „Allerintimsten“. [weiter]

 

Lothar Lambert über seine Stehaufmädchen

Wer ist wer und was? Eine kurze Liste des Regisseurs.

 

Lothar Lambert erzählt (2009)

Gespräch anläßlich der Uraufführung

 

Kritische Anmerkungen

Es geht um Frauen, Schauplatz ist Berlin, es gibt einen Vorspruch und Zwischentitel, Lothar Lambert scheut sich nicht, auch nach Intimem zu fragen und dies, wie die Antworten – so er denn welche bekommt –, zu zeigen. Außerdem ist der Film insofern radikal subjektiv, als er sich einfach um elf Personen dreht, die seinen Macher inter­essierten und von denen er etwas erfahren wollte. Bei „Alle meine Stehaufmädchen“ handelt es sich folglich in vieler Hinsicht um ein typisches Lambert-Werk, auch hinsichtlich seiner Kürze: Selbst wenn er sich mit nicht weniger als elf Biographien beschäftigt, macht Lambert daraus keinen dreistündigen Film, sondern einen nur knapp abend­füllenden. Sehr zügig werden die Damen portraitiert, wie bei mit einigen schnellen Strichen hingeworfenen Skizzen. Nicht obwohl, sondern gerade weil das Ausgangs­material größtenteils aus Aufnahmen „sprechender Köpfe“ bestand, gibt es im fertigen Film alle paar Sekunden einen Schnitt, auch dank der von Lambert gewählten Strategie, in der Regel zwei bis drei Berichte ineinander zu verschränken. Um das Tempo weiter zu steigern, bedient sich der Regisseur außerdem wieder seiner schon oft angewandten Methode, den Ton häufig „überlappen“ zu lassen: Dieser ist bereits zu hören, bevor man die Szene sieht, oder noch zu hören, wenn man sie schon nicht mehr sieht. All dies läßt „Alle meine Stehaufmädchen“ fast etwas atemlos wirken. Andererseits hebt sich der Streifen nicht nur durch diese Geschwindigkeit und den deutlichen Versuch, um Himmels willen bloß keine Langeweile aufkommen zu lassen, von vielen Dokumentarfilmen gerade deutscher Provenienz ab. Sondern auch durch den Mut zur Lücke, dazu, Themen und Geschehnisse lediglich anzu­deu­ten oder anzutippen, Fragen bewußt offen zu lassen und damit den Zuschauer zum Mit- und Weiterdenken zu animieren.

Mit „Alle meine Stehaufmädchen“ setzt Lothar Lambert seine verstärkte Hinwendung zum Dokumentarfilm fort. Dokumentarische Elemente gab es in seinem kinematographischen Schaffen schon immer, doch erst in den letzten anderthalb Jahrzehnten hat er zahlreiche Werke gedreht, bei denen das Dokumentarische überwog: „So wahr ich liebe“, „Made in Moabit“, „Ich bin, Gott sei Dank, beim Film!“, „Küß die Kamera!“, „As Showtime Goes by“ und zuletzt den Kurzfilm „Hilka will noch“. Diese Arbeiten „reine Dokumentationen“ zu nennen, steht entgegen, daß Lambert auch bei ihnen Konventionen des Filmemachens – und erst recht des Dokumentarfilmemachens – gern verletzte oder einfach ignorierte.

J.G.