Sylvia Heidemann
Faux Pas de deux
Inhalt (ENTHÄLT SPOILER)
Der Film beginnt mit Kratzgeräuschen aus dem Off. Man sieht einen Friedhof, ein junger Mann harkt Laub zusammen. Eine ältere Frau kommt, legt Blumen an einem Grab nieder – jenem, wie sie später berichtet, ihres Gatten – und spricht den jungen Mann an: „Sie haben zarte Hände und ein gutes Profil – Sie sollten aus Ihrem Leben etwas machen.“ – „Ich zeichne viel.“ Der junge Mann, Uwe, zeichnet zuhause (diese Szene ist in Schwarzweiß, rot eingefärbt). Die ältere Dame, Yvonne, erfreut sich in ihrer stilbewußt eingerichteten Wohnung an ihrem Spiegelbild. Uwe streitet daheim mit seinem Stiefvater, seine Mutter kommt, äußert sich unzufrieden mit ihrem Leben, streitet sich ebenfalls mit ihrem Partner, mit dem sie dann doch zärtlich zu werden beginnt. Uwe zeigt sich entnervt. Yvonne gibt sich divenhaft, lauscht der Kinoprogrammansage am Telephon. Zwischentitel: „Schritt für Schritt“. Uwe versucht, seine Mutter aus einer Kneipe zu holen. Man berichtet ihm, eine Frau hätte nach ihm gefragt. Er telephoniert und läßt sich in die Bartningallee bestellen (seine Szenen bis hierher rot eingefärbt). Zoom auf ein Hochhaus im Berliner Hansaviertel. Uwe bei Kaffee und Kuchen mit Yvonne. Er hat ihren Balkon aufgeräumt. Sie berichtet von ihrem Leben, daß sie aus der Tschechoslowakei stamme und „immer nur Künstlerin, Schauspielerin“ gewesen sei. Sie geht zum Du über, will ihn fördern, sich mit ihm am Wochenende treffen. Uwe auf der Straße, bewundert vor einem Geschäft ein Motorrad, erklärt einem vorbeikommenden Kind: „Man kann nicht nur Menschen lieb haben.“ Zwischentitel: „Der Kuhhandel“. Yvonne in der Stammkneipe von Uwes Mutter. Er soll bei ihr einziehen, die Mutter ihn nur noch nach Anmeldung sehen. Ein Gast poltert dazwischen: „Menschenhandel!“ (Diese Szene rot eingefärbt.) Yvonne und Uwe auf dem Wittenbergplatz (ein im Hintergrund zu sehender Doppeldeckerbus steht in der Ansbacher Straße, die an dieser Stelle damals noch nicht zur Fußgängerzone umgebaut worden war), sie streicheln Lamas. Uwe wird neu eingekleidet. Rot eingefärbt: Seine Mutter liegt betrunken vor der Kneipe auf der Straße. Ihr Sohn kommt und bringt sie ins Haus. Noch röter: Schwenk aus Yvonnes Wohnung über den Tiergarten. Yvonne, zum hinter ihr stehenden Uwe: „Diese Luft – man spürt schon den Frühling. – Es wurde Zeit, daß du diesem Milieu den Rücken kehrst.“ – „Meine Mutter war ganz froh, daß sie mich los ist.“ Yvonne will „das Schöne genießen“, Uwe soll „fleißig studieren“. Zwischentitel: „Gefahren der Kunst“. Yvonne ist glücklich. Sie möchte eine Ausstellung in der Akademie der Künste besuchen, er auch ins Reisebüro. Sie will nach Wien, er lieber nach Amsterdam oder London. Sie deklamiert ein „heute nacht in einem Rutsch fabriziertes“ Gedicht über ihre Liebe. Er: „Das ist ja wirklich sehr – individuell.“ In der Ausstellung zeigt sich Yvonne von den gezeigten Gruselfiguren und drastischen Szenen schockiert und echauffiert sich lautstark. Uwe flirtet derweil mit einem Aufseher, der das Paar schließlich hinauskomplimentiert. Die monströsen Figuren der Ausstellung tauchen in der Folge im Film immer wieder in kurzen Zwischenschnitten auf. Heimisches Idyll. Uwe ist gelangweilt und will ein Motorrad. Yvonne findet das zu gefährlich. Kino? Schönheitsschlaf! Er geht allein. Das alte Kino „Filmkunst 66“. Vor einem Schaukasten (es läuft „Madhouse“) trifft Uwe den Aufseher, Detlef, wieder, der beim Gespräch im Foyer findet: „Zwischen uns beiden hat’s doch gefunkt.“ Zwischentitel: „Der linke Fuß zuerst“. Wieder Streit: Yvonne will Uwe aus dem Bett holen („Du hast dich ganz anders entwickelt, als ich gehofft habe. – Faulenzt auf meine Kosten.“), er einmal ausschlafen. Sie stürzt im Flur, er ignoriert es. Rot eingefärbt: Yvonne wird geröntgt. Der dunkelhäutige Arzt berichtet Uwe von Bluthochdruck und einer „altersbedingten Herzkrankheit“, ferner Problemen mit den Beinen. Sie brauche Ruhe und Pflege. Der Arzt soll eine Pflegerin besorgen. Zwischentitel: „Das fünfte Rad“. Yvonne im Rollstuhl vor dem Bismarck-Denkmal am Großen Stern, geschoben von einer jungen Schwarzen, Charlotte. Uwe und Yvonne schlafen im Doppelbett. Charlotte lackiert sich nebenan zu lauter Musik die Nägel (diese Szene anfangs gelb/orange eingefärbt). Uwe schleicht zu ihr, will mit ihr „üben“. Er ist ihr „nicht schwarz genug“. Zwischentitel: „Bestürzendes Ereignis“. Eine Party mit Flaschendrehen und Ausziehen in Yvonnes Wohnung. Auf Drängen Detlefs trägt Uwe Yvonnes Gedicht vor, zur allgemeinen Belustigung. Yvonne, die dies heimlich beobachtet, fällt in Ohnmacht. Rot eingefärbt: Die Kamera fährt aus einer Großaufnahme Yvonnes zurück in die Totale, Uwe sitzt neben ihr am Krankenhausbett. Charlotte klimpert in Yvonnes Wohnung auf einer Gitarre, streitet sich mit Uwe. Er träumt von einem „großen Schlitten“, sie von Amerika. Sie rät ihm, es mal mit einem „dirty old man“ zu versuchen. Rot eingefärbt: Gespräch zwischen dem Arzt und Yvonne. Sie: „Wie lange habe ich noch? Ich will mich nicht schonen. Man hat soviel versäumt, als man jung war. Ich liebe das Leben, ich will noch was erleben!“ Zwischentitel: „Eine glatte Rechnung“. Yvonne und Uwe in einem winterlichen Park. Er entschuldigt sich, sorgt sich um die Zukunft. Beide im Theater. Ein Transvestit singt playback. Yvonne ist abermals empört: „In dem Alter sollte man eigentlich schon abtreten. Das Lied ist auch viel zu frivol.“ Violett eingefärbt: Yvonne und Charlotte beim Einkaufen (sie passieren das Lichthaus Mösch, welches sich damals auf der Ostecke Tauentzien- und Nürnberger Straße befand). Wieder in Farbe: Im Fahrstuhl kündigt Yvonne Charlotte an, sie zu entlassen. Grund: „Neue Pläne, eine Reise, eine Hochzeitsreise vielleicht sogar.“ – „Er hat es doch geschafft, der warme Bruder!“ Zwischentitel: „Schattenspiele“. Yvonne gibt in einer Detektei den Auftrag, Uwe zu beobachten. Damit betraut wird ein Herr Jäger. (Diese Szene rot eingefärbt.) Uwe wird überwacht. Er ißt auf der Straße eine heiße Wurst neben einem Plakat von „Die 120 Tage von Sodom“. Dann geht er in die WuWu-Bar. Dort tanzt Herr Jäger mit einer Frau, Uwe mit Detlef. Die beiden Männer küssen sich. Grün eingefärbt: Bei Detlef daheim, dieser wird zudringlich. Uwe will nicht zu ihm ziehen und auch keinen Sex: „Man kann doch so befreundet sein.“ – „Aber nicht mit mir.“ Uwe trinkt, zerreißt eine seiner Zeichnungen. Rot eingefärbt: Im Detektivbüro erstattet dessen Chef Yvonne Bericht von Uwes Besuch in einer „Herrenbar“. Zwischentitel: „Alles auf eine Karte“. Uwe, Charlotte, Yvonne am Eßtisch. Letztere zeigt sich nun voll des Lobes für ihre Pflegerin, diese schleimt zurück. Uwe geht. Yvonne: „Kein Savoir vivre, dieser Bengel! Es wird Zeit, daß ich mich von ihm trenne.“ Yvonne herausgeputzt in der Wuwu-Bar. Uwe kommt, sie stellt ihn zur Rede. Er berichtet, mit Detlef wäre es aus, sie solle ihn nehmen, wie er ist. Sie: „Wir sollten noch einmal ganz von vorne anfangen. Ich habe doch nur dich.“ – „Stimmt.“ Zwischentitel: „Das letzte Make-up“. Bei einer Art Maskenball (gedreht im Kleist-Casino) tanzen Yvonne und Uwe miteinander, sie als Mann verkleidet, er als Frau. Sie verausgabt sich, bricht zusammen und stirbt. Auf dem Friedhof resümieren Uwe und Charlotte das Geschehene. Sie will weg aus Berlin, er zurück auf den Friedhof. Es zeigt sich, daß beide betrogene Betrüger sind: Yvonne hatte ihren Wohlstand nur vorgetäuscht.